Pressemitteilung vom Flüchtlingsrat Brandenburg:
Am 26.5.2021 fand eine Sammelabschiebung nach Nigeria vom Flughafen Düsseldorf aus statt. Unter den Menschen, die an diesem Tag abgeschoben wurden, befand sich auch Obinna O. Er hat mehr als die Hälfte seines Lebens in Deutschland verbracht: über 22 Jahre. Freund*innen und Bekannte sind fassungslos. Fiona, aktiv bei Barnim für Alle, zeigt sich schockiert über die Vorfälle:
„Mein Freund Obi lebte seit 22 Jahren in Deutschland, plötzlich wurde er abgeholt und gegen seinen Willen in ein Flugzeug gesetzt. Ihn plötzlich aus seinem Leben zu reißen ist einfach nur unmenschlich. Wir wollen uns von dem Abschiebedruck keine Angst machen lassen, darum demonstrieren wir am Dienstag vor der Ausländerbehörde in Eberswalde.“
Abschiebungen werden durch Gesetzgeber, Behörden und in der Öffentlichkeit häufig verharmlost als Rückführungen, Durchsetzung der Ausreisepflicht, als Umgang mit einem angeblichen Vollzugsdefizit, als Beendigung eines Aufenthaltes. Dahinter stehen jedoch menschliche Schicksale. Dass Mitarbeiter*innen der lokalen Ausländerbehörde sowie der Zentralen Ausländerbehörde entschieden haben, Herrn O. nach 22 Jahren in Deutschland nach Nigeria abzuschieben, verkennt seine Lebensrealität. Er hat sich in Brandenburg nicht „aufgehalten“, er hat hier gelebt.
Die Abschiebung zeigt auch die fatalen Folgen von Kettenduldungen: Über Jahre – manchmal Jahrzehnte – hinweg müssen Geduldete befürchten, dass ihr Leben in Deutschland jederzeit beendet werden kann. Von einem Moment auf den anderen, ohne Ankündigung und ohne die Möglichkeit, Abschied zu nehmen, werden sie von der Polizei abgeholt. Kettenduldungen verhindern Teilhabe und Ankommen.
„Warum lebte Obinna O. nach 22 Jahren zum Zeitpunkt seiner Abschiebung noch immer in einer Gemeinschaftsunterkunft? Warum haben die Mitarbeitenden der Verwaltung ihn abgeschoben anstatt ihm Wege in ein Bleiberecht zu ermöglichen? Warum sind hier keine Härtefallregelungen zum Einsatz gekommen?“ fragte Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Der Flüchtlingsrat unterstützt den Aufruf der Initiative Barnim für alle, die einladen, mit ihnen zusammen am 8. Juni um 12 Uhr vor der Ausländerbehörde Eberswalde zu demonstrieren.
Kontakt:
Flüchtlingsrat Brandenburg:
info@fluechtlingsrat-brandenburg.de
03 31 / 71 64 99